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LEO JUD AN
BULLINGER
Zürich,
15. November 1524

Autograph: Zürich ZB, Msc F 62, 343 1 S. 4°, sehr gut erhalten, mit Siegelabdruck Ungedruckt

Wehrt sich gegen Bullingers Drängen, die von ihm angegebenen Werke Tertullians bald zu lesen und einige darauf bezügliche Fragen zu entscheiden, verspricht jedoch, es später zu tun.

Gratia et pax a deo patre per Christum.

Quod me tam amice hortaris, imo urges 2 , frater in Christo charissime, ut libellos quosdam Tertuliani [!]3 a te versos a 4 pellegam, non gravabor tibi morem gerere, siquidem cum tempore id fieri patiaris, nam illico non licet. Quamquam quis ego, mi frater, quem in re tanta iudicem eligis? Tu videris, quid agas, nam officium christiani hominis ego haud detrecto. Quare tibi persuade me nihil tibi

a Am Rande eine Bemerkung von J. H. Hottinger zum Inhalt.
1 Leo Jud, 1482-1542, geb. in Gemar (Elsaß), studierte mit Bucer in Schlettstadt, mit Zwingli in Basel, wurde 1507 in Rom zum Priester geweiht, 1507-1512 Diakon zu St. Theodor in Basel, 1512-1518 Pfarrer in St. Pilt (Elsaß), dann 1519-1522 in Einsiedeln (Kt. Schwyz) als Zwinglis Nachfolger. Am 1. Juni 1522 wurde er auf Zwinglis Empfehlung als Pfarrer zu St. Peter in Zürich gewählt, wo er vom 2. Februar 1523 bis zu seinem Tode tätig war. Hauptmitarbeiter und treuer Kampfgenosse Zwinglis und später Bullingers, Verfasser von Gottesdienstordnungen, Katechismen, Streitschriften, Liedern usw., Übersetzer zahlreicher Schriften, u. a. von Augustin, Erasmus, Luther, Zwingli, Calvin und Bullinger; Bibelübersetzer, Herausgeber von Zwinglis Kommentaren zur HI. Schrift. Theologisch stand er ganz unter Zwinglis Einfluß, nur 1532/33 neigte er vorübergehend Kaspar von Schwenckfeld zu. — Laut Diarium (HBD 8,23f) lernte Bullinger Zwingli und Jud 1523 kennen; es steht auf Grund einer späteren Bemerkung Bullingers fest, daß er Zwinglis Bekanntschaft erst gegen Ende dieses Jahres gemacht hat (s. HBD 8, Anm. 4). Dies gilt wahrscheinlich auch für seine erste Begegnung mit Jud. — Mit dem vorliegenden Brief setzte eine vertraute und bedeutsame Korrespondenz ein: Jud wurde zum wichtigsten Vermittler zwinglischer Gedanken nach Kappel (s. unten Nr. 6.8 und 11). — Lit.: Carl Pestalozzi, Leo Judä, Elberfeld 1860. — LSRK IX; Leo Weisz, Leo Jud, Ulrich Zwinglis Kampfgenosse, 1482-1542, Zürich (1942); Emil Egli, Leo Jud und seine Propagandaschriften, in: Zwa II 161-166.198—208; Oskar Farner, Leo Jud, Zwinglis treuester Helfer, in: Zwa X 201-209; Bernhard Riggenbach /Emil Egli, Art. Jud, in: RE IX 550-553; Georg von Wyss, Art. Judä, in: ADB XIV 651-654; HBLS IV 417; Oskar Farner, Art. Jud, in: RGG III 962f; Oskar Vasella, Art. Jud, in: LThK V 1149f; Schl. 9530f. 9534. 55341-55347.
2 Bullingers Brief ist nicht erhalten.
3 Quintus Septimius Florens Tertullianus, etwa 160 bis etwa 230. — Auf Bullingers theologisches Denken übte er einen bedeutenden Einfluß aus (s. Staedtke 42f. 280; über Bullingers Handexemplar des Tertullian s. Anm. 4).
4 Mit welchen Tertullianschriften sich Bullinger zu dieser Zeit so intensiv beschäftigte und was für Probleme er Jud in diesem Zusammenhang vorlegte, ist nicht bekannt. Sein Handexemplar der Werke Tertullians, das er Jud möglicherweise bei dieser Gelegenheit zugeschickt hatte, ist erhalten geblieben: Opera Q. Septimii Florentis Tertulliani ... per Beatum Rhenanum Seletstadiensem e tenebris eruta ..., Basel 1521. Diese Edition enthält mit Ausnahme von 11 weniger wichtigen Schriften sämtliche Werke Tertullians. Bullinger erhielt sie vom Kappeler Konventherrn Andreas Hoffmann (s. unten S. 79, Anm. 3) zum Geschenk. Das Buch befindet sich in der Zentralbibliothek Luzern, s. J. Pfister, Bullingers Handexemplar des Tertullian, in: Zwa III 486-494.


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
Briefe_Vol_01-056arpa

denegaturum, quod vel ad tuam vel publicam christianorum omnium utilitatem prodesse sensero.

Vale.

Ex Tyguro, 15. novembris 1524.

Tuus Leo Jud.

[Adresse auf der Rückseite:] Optimae spei adulescenti Henrico Bullingero, fratri suo in Christo charissimo.