[1246]

Johannes Zwick an
Bullinger
Konstanz,
18. März 1539

Autograph: Zürich StA, E II 364, 56 (Siegelabdruck) Ungedruckt

Nachrichten vom [Frankfurter]Bundestag werden nächstens erwartet. Es heißt, Türken und Tataren hätten sich gegen Polen verbündet; auch Deutschland droht Gefahr, wenn Gott nicht nüchternen Sinn gibt. Mit der Ermordung eines evangelischen [Kammergerichts-]Prokurators [Ludwig Hierter] in Speyer sollen möglicherweise [die Protestanten]eingeschüchtert werden; von den verräterischen Machenschaften gegen [Landgraf Philipp von] Hessen wird Bullinger vielleicht schon gehört haben. Benedikt Euander hat Zwick besucht und aus Kempten berichtet, der Streit zwischen Simprecht [Schenck] und [Paul]Rasdorfer sei beigelegt. Ambrosius [Blarer] ist beschäftigt und läßt grüßen.

Salus.

Nova expectamus quotidie ex comitiis 1 , utinam felicibus. Turcam vero certo aiunt reconciliatum cum Tartaro 2 ; legem reconciliationis esse, ut coniunctis

d Miconii anstelle von gestrichenem Bullingen.
13 Anna, geb. Adlischwyler.
14 Anna, geb. Wiederkehr.
15 Von diesem Brief an schreibt Gwalther seinen Namen stets mit "th"(Gvaltherus, Walther).
16 Vgl. oben Nr. 1217, Anm. 3.
1 Zum schmalkaldischen Bundestag in Frankfurt vgl. oben Nr. 1230, Anm. 4.
2 Der Khan der Krimtataren, Sahib Giray, hatte auch bisher schon die Türken politisch und militärisch unterstützt; s. HBBW VIII, S. 280, 10f mit Anm. 5, vgl. auch PC II 562.


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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manibus Poloniam infestent. Quod si dominus hos servos suos excitat in nos, facile potes coniicere, quo in statu futurae sint res Germanorum ebriosissimorum. Dominus adsit nobis; adfuturus est autem, si dederit sanam mentem.

Spyrae in publico foro a quodam nobili latrone a interemtus est insignis iuris doctor et evangelicorum omnium procurator b3. ; nescitur autem, quid istud sibi velit. Statim enim homicidio patrato effugit equo homicida. Forte talibus exemplis conantur papae coniurati terrere partem nostram. Dominus tueatur nos! De proditionibus quorundam principum contra Hes sum forte alias audisti 4 .

Vale cum tota domo et fratribus omnibus.

Benedictus Euander hodie mecum fuit et testatur nunc ecclesiam Campodunensem sedatam; conveniunt enim Sympertus 5 et Radocomus 6 .

Datum Constantiae, 18. martii 1539.

Ambrosius 7 occupatus non scribit, sed per me multas salutes mittit.

Tuus Io. Zvick.

[Adresse auf der Rückseite:] Domino Hainrico Bullingero, ecclesiae Tigurinae integerrimo pastori, fratri meo selecto.

a latrone am Rande nachgetragen.
b korrigiert aus procuratorum.
3 Am 3. März war Dr. Ludwig Hierter, einer der Kammergerichtsprokuratoren der Protestanten, von einem Edelmann namens Valentin Matthias Streitberger erstochen worden (s. [Christoph Friedrich] Gayler, Historische Denkwürdigkeiten der ehemaligen Freien Reichsstadt izt Kgl. Würtembergischen Kreisstadt Reutlingen, vom Ursprung an bis zum Ende der Reformation 1577, Reutlingen 1840, S. 468f). Hierter stammte aus Reutlingen und hatte ab 1513 in Tübingen und Heidelberg studiert; seine Laufbahn hatte er als Offizial in Bamberg begonnen und als Kammergerichtsrat in Esslingen fortgesetzt,
bevor er als Prokurator nach Speyer kam. — Lit.: Beschreibung des Oberamts Reutlingen, hg. v. d. K. Statistischen Landesamt, Stuttgart 1893, Erster Teil, S. 484.
4 Zwick spielt auf die abgefangenen Briefschaften an, welche die feindselige Haltung Herzog Heinrichs von Braunschweig gegen Landgraf Philipp von Hessen und die Protestanten ans Licht brachten und auch Kurmainz belasteten; vgl. unten Nr. 1254, 74-77.
5 Simprecht Schenck.
6 Paul Rasdorfer. —Zum Konflikt zwischen den Pfarrern von Kempten, der noch keineswegs ausgestanden war, vgl. unten Nr. 1292.
7 Ambrosius Blarer.