[1320]
Eberhard von Rümlang an
Bullinger
Bern,
20. Oktober 1539
Autograph: Zürich StA, E II 360, 353 (Siegelspur)Sebastian [Meyer] und Peter [Kunz] haben bis zum Überdruß das substanzhafte Essen des
Leibes Christi gepredigt - so jedenfalls versteht Rümlang ihr Reden vom wahrhaften Essen des
wahrhaften Leibes und Meyers Behauptung einer dreifachen Weise der Gegenwart Christi. Es
stört die Berner Lutheraner, daß laut der Berner Agende das Brot den Leib "bedeutet",
deshalb wollen sie diese Formulierung in der ohnehin nötig werdenden Neuauflage tilgen;
Rümlang und andere werden dies aber nicht zulassen. Die Lutheraner leugnen, daß ihre Lehre
von der [Berner]Disputation abweicht, doch wenn ihre tropische Redeweise auch der Schrift
entspricht, so fehlt doch die Auslegung der Tropen. Eine Zürcher Ratsdelegation sollte in Bern
im Beisein Bullingers darauf hinweisen, daß wenigstens [die Schweizer] einig sein sollten,
wenn schon eine Einigung mit Luther nur unter Preisgabe der Wahrheit möglich scheine, und
ein klares Ja oder Nein zu ihrer bisherigen Lehre verlangen; weshalb sollten die Zürcher nicht
gleiches Recht in Anspruch nehmen wie die Straßburger? Calvin lehrt in seiner "Institutio"
richtig [über das Abendmahl], wobei er eine Metonymie annimmt und Luther zu kritisieren
scheint; die Berner Lutheraner machen ihm dies zum Vorwurf und halten Capito und Bucer für
zu wenig wachsam; Bullinger soll den Kontakt zu Calvin pflegen. Grüße. Entschuldigt sein
langes und unsorgfältiges Schreiben.
[Gedruckt: CO X/2 406f, Nr. 192; Teildruck: Corr. des réformateurs VI
79-81, Nr. 829.]