[1609]

Dekan und Pfarrer von Neuenburg an
die Pfarrer von Zürich
Neuenburg,
28. Februar / 27. März 1542

Original von unbekannter Hand a : Zürich StA, E II 337a, 341-344 (Siegelabdruck b )

Endlich hat Gott die Gefahr von seiner Kirche abgewendet, nachdem der Abgang oder gar die gewaltsame Vertreibung Farels schon unausweichlich schien. Dies hätte schwere Folgen für die Kirche gehabt, doch Farel ließ sich nie in seiner Entschlossenheit beirren. Darin ist Gottes Wirken zu erkennen, und die Bitten der Zürcher und anderer haben dazu beigetragen; ihr Brief an die Neuenburger [Nr. 1585] hat diese aufs höchste erfreut und angespornt. Außer der Gefahr, die von [den Türken] und der Pest ausgeht, war es vor allem der drohende Aufruhr gegen Farel, der sie veranlasste, ihre Gemeinden ernsthaft zu ermahnen. Schon vor dem Schreiben der Zürcher war im ganzen Neuenburger Gebiet ein außerordentliches Abendmahl gefeiert worden, wobei viele Verführte zur Einsicht kamen; auch Predigten, [Farels] Krankenbesuche und sein freundlicher Umgang mit den Gegnern trugen dazu bei. Als die von den Berner Vermittlern gesetzte Frist ablief lagen bereits die Briefe der Pfarrer und des Rats von Zürich [Zürich StA, B IV 12, 23v.-24r.] vor; die Entscheidung über Farels Verbleib wurde vorerst auf den [27. November] vertagt. Der Berner Rat schrieb nach Neuenburg, man habe mit dem früheren Schiedsspruch keinesfalls auf Farels Abgang drängen wollen. Nachdem eine Versammlungsmehrheit - in Abwesenheit des Gouverneurs [Georges de Rive] -für den Verbleib Farels votiert hatte, wäre der Konflikt beigelegt gewesen, wenn die Gegner nicht nach der Rückkehr [des Gouverneurs]für neue Unruhe gesorgt hätten. Sie erreichten schließlich, dass Bern erneut beide Parteien durch Gesandte anhören ließ. Gegen Ende Januar trugen beide Seiten ihren Standpunkt in Bern vor, worauf eine Versammlung zur endgültigen Mehrheitsfindung einberufen wurde. Die Vertreter beider Seiten einigten sich bereits im Vorfeld auf den Verbleib Farels, doch einige Gegner wollten wegen eines leichtfertig geschworenen Eids vom Besuch seiner Predigten befreit werden; an der Versammlung [vom 29. Januar] setzten sich jedoch Farels Anhänger mit klarer Mehrheit durch. Die Neuenburger Pfarrer berichten so ausführlich darüber, weil sie die Freude über Gottes Beistand mit den Zürchern teilen

a Adresse von anderer, ebenfalls unbekannter Hand. Dorsualvermerk von der Hand Johann Jakob Breitingers.
b Das Siegel trägt die Initialen von Mathurin Cordier.
1 Dekan des Neuenburger Kapitels war (seit 1539?) Thomas de la Planche, gen. Barbarin. Er stammte wohl aus La Côte-Saint-André (Dép. Isère), war 1534 Schüler von Johannes Sturm in Paris und setzte anschließend seine Studien in Basel fort. Ein Aufenthalt in Tübingen, das gelegentlich als Herkunftsort angegeben wird (vgl. Corr. des réformateurs III 248, Anm. 12, und 351, Anm. 17), lässt sich nicht nachweisen.
1535/36 wurde er erster evangelischer Pfarrer von Boudry (Kt. Neuenburg), wo er 1551 starb. -Lit.: [Ferdinand Henri] Gagnebin, in: Eugène und Emile Haag, La France protestante, 2. Aufl., hg. v. Henri Bordier, Bd. I, Paris 1877, Sp. 772-774; Jules Pétremand, in: Guillaume Farel 1489-1565. Biographie nouvelle écrite [...] par un groupe d'historiens [...], Neuchâtel-Paris 1930, S. 371 und Reg.; HBLS I 565.
2 Die Datierung lautet wörtlich: "Scriptae quidem prid. cal. mart., datae vero 6. cal. apr. Neocomi 1542". Der Brief wurde Bullinger am 10. April von Myconius aus Basel zugesandt; s. unten Nr. 1619, 51-53.


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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wollen. Wie König [David]möchten sie, gemeinsam mit ihnen, Gott für seinen Sieg über Satan lobpreisen. Sie versichern ihnen ihre Dankbarkeit und Bereitschaft zu gegenseitigem Dienst und bleiben mit ihnen in der Gemeinschaft des Hl. Geistes verbunden. Gruß und Dank auch

an den Zürcher Rat.

[Gedruckt: Con. des Réformateurs VII 427-436, Nr. 1099; Teildruck: CO XI 370-376, Nr. 388.]