[153]

Joachim Vadian an
[Bullinger]
[St. Gallen,
November 1532]1

Autograph: Zürich StA, A 238.1 Gedruckt: ASchweizerRef V 175, S. 81-86; Vadian BW VII 42-49 Teildruck: HBRG III 332-336

Gutachten zur Frage, ob das von Zürich erlassene Mandat die Bestimmungen des Landfriedens verletze. Die Reformierten haben das Recht, in ihrem Herrschaftsbereich Maßnahmen zur Festigung ihres Glaubens zu ergreifen, wie umgekehrt die katholischen Orte dies auch tun. Das Mandat ist nicht als Beleidigung der Altgläubigen aufzufassen. Hinweis auf die Verhältnisse in den Gemeinen Herrschaften. Entschiedene Ablehnung des Vorschlags der V Orte, die Mandatfrage einem Schiedsgericht zu unterbreiten.

Der artikel dess landfridens 2 den glouben betreffend 3 vermag 4 nit anders, dan das wir ünser lieben eydgnoßen von den fünf ordten söllind und wellind bey irem alten, waren, ongezwyfelten christenlichen glouben bleyben lassen etc. 5 Habend sy denselben, das ist üns lieb. Ja, si habend in in zwölf artikeln 6 , wie man denselben üns all von jugend an gelert hat und wir den ouch habend und haltend; darum wir nit gesinnet sind, jemand darus ze tryben. Und diewil wir üns vornacher 7 allweg erbotten hand, ünsern glouben mit der geschrift alts und nüwes testamentz erduren 8 ze lassen, sind wir in disem ufgerichten friden nit dess fürnemens 9 gsin, eynichen 10 glouben gut oder böß zu geben 11 (dann der gloub nit ab disen orten 12 , sonder mit andern gründen und ab andern orten gut oder böß geben werden muß), sonder um frid und ruw willen; diewyl sich also zutragen, das dess gloubens halb zwüschet üns 13 span und misshell endtstanden, söllichs gern nachgelassen, sy, ünser lieb eygnossen, bei irem glouben ondisputiert und gearguiert a14 und in sonderheit bey irem alten, waren, ongezwyfelten christenlichen glouben zebleyben lassen, mitt luterem vorbehalt, das wir gleychermaß bey ünserm glouben irendhalb 15 onangefochten bleyben söllend. So aber sy, ünser lieben eydgnoßen der fünf orten, mit form und anmaßung 16 obaingezaygtz artikels die meynung vor inen ghan, samm 17

a ondisputiert und gearguiert am Rande nachgetragen.
1 In Vadian BW VII 42 und ASchweizerRef V 175 wird dieses Schreiben auf August 1532 datiert (vgl. auch Vadian BW VII 49, Anm. 1). Näf, Vadian II 367 hingegen sieht darin den oben in Nr. 152 erwähnten Ratschlag (s. S. 262,2f), der demnach erst im November entstanden wäre, was als zutreffend gelten darf.
2 Der Zweite Landfriede zwischen den V Orten und Zürich vom 20. November 1531 (s. EA IV/1b 1567-1571).
3 Die Glaubensfrage wird im 1. Artikel des Friedensvertrages geregelt.
4 bedeutet, besagt (SI IV 111).
5 Siehe EA IV/1b 1568.
6 Gemeint ist das Apostolische Glaubensbekenntnis.
7 vorher, früherhin (SI II 1564).
8 überprüfen (SI XIII 1300).
9 Meinung, Absicht (SI IV 746).
10 irgend einen (SI I 280). 11 erklären, halten für (vgl. SI II 72).
12 Gemeint sind wahrscheinlich die politischen Instanzen, die den Landfrieden ausgefertigt und unterzeichnet hatten.
13 Zwischen den katholischen Ländern und den reformierten Städten in der Eidgenossenschaft.
14 Vgl. die Formulierung im Zweiten Landfrieden, EA IV/1b 1568.
15 von Seiten der V Orte.
16 Darstellung (vgl. SI IV 440 und Grimm I 405).
17 als ob (SI VII 902f).


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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wir inen iren glouben damit gut machen 18 , wie sy denselben mit allen umstenden 19 vor inen habend etc., und üns also ze hindergon oder zu fassen 20 fürgnommen hettend, so gäbind wir aller erberkheit 21 zu ermessen und zu gedenken, mit was ufsatz 22 , list und argwonß söllichs von inen beschechen; deß wir üns doch gegen inen, so einen frommen, ufrechten, bestendigen friden ze machen und ze halten üns fürgeben hand, gantz nit versechen 23 könnend. ||

Zu dem allemm mag ein y[e]der, ouch schlecht verstendiger, wol abnemen und merken, so der anzug 24 ünserer lieben eydgnossen von den fünf orten, den sy gegen und über ünsere mandaten 25 , in ünsern eygnen landtschaften und allein zu den ünsern ußgangen, zu haben vermeynen wellend, samm sy dadurch geschmützt 26 oder geschmächt sygend etc., für ansechlich 27 und rechtmässig zugelassen werden sölt, wie schlechtlich wir gefridet werind 28 , ja wie gar wir an unserm vorbehalt unsers gloubens 29 nit habind sin 30 köndend noch möchtend. Dann so wir in unsern landen, gerichten und gebieten gegen und mit den unsern nach erhöuschung 31 unsers gloubens ze handlen underston 32 wurdend, eß were mit mandaten, missyfen, mit gebott, mit verpott, mit warnen, strafen gegen ünsern vögten, undervögten, predicanten oder andern, so üns pflichtig sind, und b aber söllicher ünser verwaltung von zwyspaltz wegen dess gloubes zwüschet inen und üns ünser eydgnossen der fünf orten sich anemen, samm sy (wie gmeldt ist) c geschmützt wärend und also für fridbruchig anziechen 33 und belestigen 34 weltend, wie jetzmal von unsers jüngst ußgangnen mandatz wegen üns begegnen wil, so wurde d eß zwar 35 darzu khommen (weltend wir anderst irem begeren und gedunkhen 36 nach frid halten), das wir der bekantnuss ünsers gloubens und aller verwaltung dess selben gegen den ünsern gar und gantz still oder abston müßtend und an dem vorbhalt, so der lantzfriden üns nit weniger dann inen bestimpt und zugibt 37 , nit habind sin noch by gedachtem landtzfriden diser sach halb ghandhabt 38 werden möchtend.

Dan wir je khein anders ünsers gloubens halb bekennend, || haltend noch predigen lassend, dann das die oppfermess, wie man sy täglich brucht 39 , ein warer missbrauch dess insatzes dess nachtmals Christi 40 und ain grüwel vor gott sy, wellicher zu schmelerung und abbruch deß todes Christi rayche 41 . Item das der bruch der sacramenten,

b vor und gestrichen wie jetz und ouch in unserm jüngst ußgangenen mandat beschechen.
c (wie gmeldt ist) am Rande nachgetragen.
d wurde am Rande nachgetragen. Ersetzt das an dieser Stelle gestrichene mußte.
18 als den richtigen Glauben anerkennen.
19 Einzelheiten (vgl. SI XI 972).
20 festzulegen, beim Wort zu nehmen (SI I 1059).
21 ehrbaren Gesellschaft, anständig denkenden Menschen (SI I 396).
22 Hinterlist, böser Nachstellung (SI VII 1533f).
23 nicht gefaßt waren, nicht erwartet haben.
24 Vorwurf, Beschuldigung (Grimm I 530).
25 Zum Zürcher Messemandat vom 29. Mai 1532 s. oben S. 129, Anm. 12 und unten S. 288f, Anm. 7.
26 beschimpft (SI IX 1040f).
27 betrachtenswert, gewichtig (SI VII 561f).
28 wie ungenügend der Friede wäre.
29 Vgl. EA IV/1b 1568, Abschnitt I. b.
30 festhalten.
31 Erfordernis.
32 in Angriff nehmen, versuchen (SI XI 619).
33 des Friedensbruchs anklagen.
34 belasten (mit dem Vorwurf des Friedensbruches).
35 in Wahrheit.
36 Ansicht.
37 zubilligt.
38 geschützt (SI II 914).
39 wie man sie täglich feiert (bei den Katholiken).
40 Vgl. 1 Kor 11,23ff par.
41 gereiche. — Vgl. den Wortlaut des Messemandates, AZürcherRef 1853, S. 798. Einige der hier zitierten Ausdrücke erregten vor allem das Mißfallen der V Orte.


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wie sy der bapst in übung hat, mit der schrift nit gegründt noch der leer Christi gemäsß syge. Item das wir durch achtung ünserer werchen nit sälig, sonder durch den eynigen glouben 42 vor gott grecht werdind etc., mit söllichen und dergleychen puncten und artiklen mer, in welichen ünser gloub mit irem glouben sich nit wil noch mag vergleychen 43 . Und wir aber alles das, so wir in disen stuken 44 vor üns habend, handlend und bekennend, nit jemantz zu abbruch sines fürnemens, vil minder zu schmach, tratz oder verachtung, sondern uss guter, berichter 45 , christenlicher gwüssne, das ist uss verwaltung und gruntlichem ansinnen ünsers gloubens, thund und handlen, wie das durch unsere mandat und ordnungen täglichs von üns, gegen denen wir desse macht und gwalt habend, on underlaß gehandlet und braucht wirdt.

Und so dem nun also ist, das ünser lieben eydgnoßen der fünf ordten forhaben dess gloubes halben und ünserer verstand 46 und bekantnuss desselbygen straks wider und gegen ainandern stond und strebend, so ligt am tag, was uns zu beyden teylen in abredung dess fridens verursachet hab, jetwederm 47 teyl seynen glouben vorzubhalten, und das wir durch söllich mittel zu frid und ruwen khomen, ouch der pundten 48 und anderer gerechtikheyten 49 halb, wie wir die in unsern eygnen gerichten, gebieten, herschaften, lüten und landen habend, dester fürderlicher in einhellikheit verharren und bleyben möchtend, onangesechen was jeder teyl sines gloubens halber in den selben sinen eygenthomen 50 gebruche oder handle oder nit. ||

Wir wellend geschwygen, das der inhalt dess artikels unser gemein herschaften betreffend 51 wol anzeygt, das man in denselben allein, und nit in eygnen oberkheiten 52 und gerichten, jetweders teyls glouben sol fry und onangefochten fürgen 53 lassen und daselbst dhein teyl dess andern forhaben verletzen e , schmützen noch antasten, und so das von jemand gescheche, das sy von einem vogt darum gebützt 54 und gestraft werden mögind; uss wellichem allem offenbar ist, das wir von den ordten und oberkheiten, so usserhalb gmeiner ünserer herschaften in gemelten landtzfriden khomen und verfasset sind 55 , nit mögend noch söllend umm verwaltung dess gloubens, der gstalt wie in gmeinen herschaften zuglassen, angefochten werden 56 . Oder aber die artikel, uns zu beyden teylen ußgedingt 57 , würdend eytel f und vergeblich dess gloubens halb gestelt sin, und aller unfriden da dannen 58 sinen ursprung haben und üben 59 als wol als vor 60 , das aber der heyter und ußtruk[t] verstand dess landtfridens in allen sinen artikeln nit ertragen noch gedulden mag; mit

e verletzen am Rande nachgetragen, jedoch irrtümlicherweise vor forhaben gesetzt.
f vor eytel gestrichen vergeblich.
42 einzig durch den Glauben (vgl. «sola scriptura»).
43 vereinbaren (SI II 691).
44 Punkten (SI X 1806).
45 unterrichteter (SI VI 436f).
46 Verständnis, Auffassung.
47 jedem der beiden.
48 Bündnisse.
49 Herrschaftsrechte (vgl. SI VI 231f).
50 in seinem eigenen Herrschaftsbereich.
51 Siehe den 2. Artikel des Zweiten Landfriedens, EA IV/1b 1568.
52 Herrschaftsgebiet.
53 gelten.
54 gebüßt.
55 in einem Rechtsverhältnis stehen (SI I 1061).
56 Vadian will hier sagen, daß laut Landfrieden jeder Ort innerhalb seines Herrschaftsbereiches eine unbeschränkte Vollmacht über kirchliche Angelegenheiten in Anspruch nehmen kann; dies im Gegensatz zu den Verhältnissen in den Gemeinen Herrschaften.
57 ausbedungen.
58 von da an (SI XIII 96f).
59 weitergehen (SI I 61).
60 ebensosehr wie vorher (vor dem Abschluß des Landfriedens).


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beger, das ünser eydgnoßen der fünf ordten söllichs eygenlich zu hertzen fassen und wol bedenkhen wellind etc.

Es befrömbdet üns daby nit unbillich, diewil unser geschworn pündt uns imm landtzfriden heyter vorbhalten und zu allen teylen volkhomne gwaltsame gegen den ünsern 61 mit herlikheiten, fryheiten, gerechtikheiten und anderm loblichem harkhomen unsers verwaltens zugeben g62 habend, das unser lieben eydgnoßen von den fünf ordten onangsechen desselben uns erst 63 (sam wir beherschet werend) ußzylen 64 und anmaßen 65 woltend, in was gstalt wir mit und gegen den || unsern in eygnen landen, gerichten und gebieten ze handlen und ze faren 66 hettend, das wir doch inen uss ansechen obgemelter artiklen dess fridens ungern zumuten 67 weltend.

So aber in unserm jüngst ußgangnen mandat oder andern unsern gebotten oder verbotten gegen den unsern gethon sich befinden wurd, das wir sy 68 mit namen anzogen, gemalet 69 oder unß merken lassen, sy in iren landen und oberkheiten von irem glouben ze tringen 70 und nit zu gedulden, das sy mit den iren ünserm glouben zegegen 71 fürnämind oder handlottind etc., oder das wir söllich mandat, gebott oder verbott gemeynen unsern iren 72 herschaften ubersandt und zu halten oder ufzenemen nach gemachtem friden zugeschriben hettend (wellichs sich alles nit erfindet), so hettend sich ünser lieben eydgnossen zwar nit unbillich zu beklagen, als wol als wir üns der ryntalischen mandatz 73 zu beklagen habend, in wellichen den evangelischen predicanten usserhalb und wider vermög gemeltz ufgerichtz landtfridens trostung 74 von irer leer wegen ze thun ufgleyt ist, dess wir uns umm irenß erbietens willen und uss vermög dess fridens billich nit zu gedulden beladen und angnomen habend.

Es ist niemand verborgen, dan das ünser lieb eydgnoßen von den fünf ordten styff uff dem verharrind, namlich niemand wider eynig ceremoni oder gebruch iren glouben antreffind, eß sy fleyschessen, kutten, blatten 75 , der mess oder anderer kilchgwonheiten, ze reden oder ze faren ongestraft zulassend oder gestattend, sonder an lyb, gut oder ander weg bützend, wie vast 76 joch 77 dasselb ünserm glouben zugegen und wider ist, darab wir || gleychermaß, nit weniger dan sy, üns zu beschweren hettend. Ja, wo sollichs mit ußgetruktem vorbhalt dess fridens inen nit zugelassen und als wol als uns gegen den iren nach irem wolbedunkhen ze faren vergonnen 78 were. Und wir aber soltend gedachten ünsern lieben eydgnossen ire klag losen und als die, so den friden brochen, zum rechten ston 79 oder aber ünsere gebürliche, rechtmässige mandat verendern oder abthon, wann wir allein umm

g zugeben am Rande nachgetragen. Ersetzt das an dieser Stelle gestrichene bevestnet worden.
61 gegenüber unsern Untertanen.
62 zugestanden (SI II 94).
63 gar (SI I 471).
64 einschränken.
65 festsetzen, vorschreiben (SI IV 440).
66 verfahren.
67 zutrauen (SI IV 586).
68 die V Orte.
69 mit einem Bild angedeutet, d. h. ohne direkte Nennung (vgl. SI IV 152).
70 drängen.
71 entgegen.
72 sollte heißen: und iren.
73 Das am 10. Juli 1532 im Rheintal erlassene Mandat, s. oben S. 179, Anm. 3.
74 Zu der im erwähnten Mandat geforderten Bürgschaft s. oben, aaO.
75 Tonsuren (SI V 194).
76 sehr.
77 auch.
78 erlaubt.
79 uns einem Rechtsspruch stellen (SI VI 268).


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fürderung dess, so wir gegen gott gesinnet und uss sinem wort bericht, darzu für und für zu gruntlichem bericht und erdurung der schriften altz und nüws testamentz gegen inen und menklichen das ünser mit warheit zu bevestnen begirig und urbietig gsin und noch sind etc., gegen den ünsern mit unvergriffenlichen 80 mandaten, schriften, gbotten und verbotten, on einich fürnemen jemantz ze schmützen oder zu verachten, handlotind? Und das inen in irer eygnen oberkheyten wider unsern glouben recht und billich ist, das solte üns in unsern oberkheiten unzimlich und umb dess willen, das eß irem glouben nit änlich ist, abgestrikt 81 und verbotten und h wir inen darum zum rechten ze ston verbunden 82 und schuldig sin i ?

Ob das billich, rechtmäß oder gegründt sy und ob eß im glych seche, samm man frid und ruw ze halten und jederman by seynen rechten und demjenigen, so imm zimpt und gebürt, ja der heyter landtzfriden zugibt etc. bleyben lassen welle, das wellend wir aller verstendiger erberkheit und denen, so dess landtzfridens eygentlich belesen und genyedt 83 sindt, in trüwen zu ermessen heimgsetzt 84 haben. ||

Hieharum 85 und dieweyl wir khein anders vor uns habend, dann das wir unser lieben eydgnoßen von den fünf orten, wie vor gmelt, ongesumpt und ongeyerdt 86 , ouch (diewyl sy also wellend) ondisputiert und arguiert k by irem glouben bleyben lassen wellend, so l wil zwar harwiderum alle billikheit erfordern m , das sy üns lut dess landtfridens by unserm glouben und bey verwaltung 87 desselben gegen den ünsern nach unserm willen und gfallen, wie wir inen sollichs in iren eygnen oberkheiten und landtschaften zulassend und gonnend, gleycher weyß und maß onanzogen 88 bleyben lassend.

Dann wir straks und onverrukt 89 by dem ze bleyben gsinnet sind, das gedachtem ünserm christenlichen glouben bey und gegen den ünsern bstand, fürschub und handthabung 90 thun mag, darzu ünser offenbar verjechen 91 deß gloubens, wellichs wyr in vilfaltigen, offenbaren gesprächen, niemantz zu tratz 92 oder schmach, sonder umm handthabung willen der eer gottes uffthun 93 und bekendt hand, nit verendern noch mindern wellend, eß sey dan, das üns jemandtz uss gottes wort, ünserm erbieten nach, eineß andern berichte. Sonderer guter und vertruwter hoffnung, ünser lieben eydgnoßen werdind uns uff söllich ünser so rechtmässig darthun und uff die lauter, wolgegründt vorbhaltung ünsers gloubens zufriden sin und irer vermeindter beschwerd, so sy uss ünsern mandaten ziechen wellend, samm wir iren darinn gedacht oder umm irendt willen sy ußgon lassen habind, sy selbs und üns rüwig machen und das thun, das uff ir anfenklich erbieten zu frid und einikheit reychen mag. Dann wo söllichs uff ünser so vilfaltig erbieten nit gescheche, und wir je || mit söllichen und derglychen eingriffen und ansprachen 94 der gestalt furo 95

h-i von und bis sin am Rande nachgetragen.
k nach arguiert gestrichen blyben lasse.
l-m von so bis erfordern am Rande nachgetragen.
80 in die Rechte anderer nicht eingreifenden (SI II 717).
81 verweigert (SI XI 2194).
82 verpflichtet.
83 kundig (SI IV 852).
84 anheimgestellt.
85 Aus diesen Gründen.
86 ungehindert (SI I 409).
87 Handhabung, Ausübung.
88 unangefochten.
89 ohne jede Abweichung, ohne Konzessionen (SI VI 858).
90 Schutz (SI II 914).
91 Bekenntnis (vgl. SI III 6).
92 niemandem zur Beleidigung.
93 eröffnet.
94 Ansprüchen, Forderungen (SI X 722).
95 weiterhin.


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soltent vexiert und belestiget und mit so vergrifnen 96 und verdächtlichen umstenden von luterm und hellem vermög 97 ünsers gemeinen landtzfridens getrungen werden, wurdend wir zwar verursachet, mittel und weg ze suchen, durch wellich wir und die ünsern by demjenigen beschirmpt und ghandthabt n werden möchten, das sy von den fünf ordten uns mit brief und siglen bevestnet, verwilget und nachgeben, und wir uns anfangs dess fridens luter vorbhalten habend.

Hactenus de summa controversiae et quibus argumentis adversariorum intentio dilui et confutari possit. Sequitur consilium de caussae qualitate; nam et hoc belle expendendum erit.

Dieweyl ünser eydgnoßen von den fünf ordten uff iren vermeinten intrag 98 achten wellend, mit üns das recht nach lut der pündten ze bruchen und einen söllichen wichtigen, großen handel (um desse willen man concilia zu beschreyben 99 in radtschlegen ist) wolten zuletzst uff eineß manß erkantnuss und urteyl hinsetzen, villichter o der hoffnung, daß der zu inen fallen 100 und wir also unserm gegründten glouben müßtend mit merklichem anstoß 101 und ünserer eeren verletzung || einen baggenstreych geben lassen und von dem tretten, das wir in unser gwussninen gefasset und uss der warheit erlernt habend etc., wellicher grund vast anhin, meinß gedunkens, alles anzugs fürneme 102 ursach ist (nam id saxum volvit vulpecula illa mytrata 103 , sui nomine pontificis). So ist zu ermessen, das man nit schuldig ist, uff all anmutungen inen rechtz uff der pündten lut und sag zu gestatten. Dann so man söllichen brauch, besonder zu disen zyten und löuffen 104 zulassen und ein jede ansprach, wie fräfel und ungegründt die were, solt von stund an nach abschlag der gütlikheit uff eines mans endtschyd oder erkantnuss gsetzt werden, wohin und zu was übertrang 105 , arglist und ufsatz 106 das schlecht 107 , fromm und getrüw ansechen der pündten gebrucht werden möcht, ist allen verstendigen leychtlich zu ermessen, und das ringer sin wurd, diser gstalt on pündt sin, dann in pündten sin. Besonder wo man usserhalb rechtmässigs und gebürlichs verstandes uff den buchstaben dess fridens tringen und nit den sinn uß vor und nachgenden artikeln und capittlen abnemen, fassen und zulassen welte.

Haruf vor allen dingen die schidordt und die botschaften derselben orten umm diser sach willen anzelangen und an sy mit allem ernst ze wenden und anzebringen: so sich zutrüge, das die fünf ordt söllichs irens anmutenß je nit still stan noch rüwig sin weltend, das man sy früntlich und gütenklich darvon weysen und sy erinneren, damit sy dem lutern und heytern p friden geleben 108 und söllichen ongegründten anzug fallen lassen weltend. Dann wo sy das by inen ze erhalten 109 nit

n in der Vorlage ghandthalbt.
o villichter am Rande nachgetragen.
p lutern und heytern am Rande nachgetragen.
96 verdächtigen, zweideutigen (SI II 717, diese Stelle abgedruckt).
97 Inhalt, Wortlaut, Aussage (SI IV 107).
98 vermeintlichen Eingriff (in die Bestimmungen des Landfriedens).
99 auszuschreiben.
100 daß er zugunsten der V Orte entscheide.
101 Bedrängnis, Gefahr (SI XI 1590).
102 hauptsächliche, wichtigste.
103 eine Mitra tragend. — Bezieht sich wohl direkt auf die Person des päpstlichen Nuntius, Ennio Filonardi. Vadian will damit sagen, daß hinter der Politik der V Orte die päpstliche Diplomatie steckt.
104 Ereignisse, Begebenheiten (SI III 1112).
105 Unfug, Nachteil, Schaden (Grimm XI/II 159f).
106 Anfechtung, Anfeindung (SI VII 1536).
107 einfach, schlicht (SI IX 49f).
108 nachleben.
109 erlangen (SI II 1232).


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vertruwtind und wir aber kheins andren willens, dan styff zu verharren etc., wurde man von nöten wegen geursacht, anfangs darum ein luter erklärung der artiklen zu erfordern etc. || Wo sy aber söllichs mit hengen 110 der schidordten je erobern söltend, als ich doch nit vermein, das man inen um gemelter ursachen willen glimpf geben 111 mög, so mußt doch mir das der erst rechtsatz sin: ob der landtzfriden söllich der fünf ordten ansprach anzenemmen bezwinge 112 , und ob man inen umm sollich erforderung, sam sy geschmecht syend, antwort und rechtz ze gestatten schuldig sye oder nit. Nach welchem erst diser rechtsatz statt han wurde: ob der von Zürich jungst ußgangen mandat und derselben gleychen mandat dem landtzfriden zugegen werind oder nit etc. Söllicher gstalt möcht sich der handel streken und verziechen ein lang zeyt, und mitler zyt man allerley löuffen vernäme. Wiewol mir nit zwyfelt, dann das man inen dises anzugs halber ze loßen nit schuldig, und so verr man zusammen welt sitzen mit hertzen und willen, gottes eer und wort ze fürderen etc., inen ireß fürnemens gar nit glingen wurd. Gott q welle sy einß besseren berichten. Amen r . Vigilandum ergo nobis et attente circumspiciendum, ne quid admittamus, quod professe pietati ulla in parte incommodet.

Valebis et boni consules suggestionem nostram. Est enim, nisi fallor, nobis caussa communis, ut ratio expostulare videatur, et consilia communia esse oportere; quanquam sine intermissione deum precamur, quo mentem illis mutet sua gratia in melius et ita afficiat ultorios animos, ut positis affectibus saltem avitae libertati et patriae decori non desint, si tandem pietati adesse nolint. Olim et haec illis fortassis dominus impertiet. Utinam autem ita fiat, ut illius gratia dispensante ultimi primi fiant et primi ultimi, modo non prorsus nulli!

Vale rursum.

Tuus ex animo

Ioachimus Vadianus.