[2255]
Bullinger an
Oswald Myconius
Zürich,
28. September 1545
Autographe Ausfertigung: Zürich StA, E II 342, 130 (Siegelabdruck);
autographe Teilabschrift b : Zürich StA, E II 342, 129a
UngedrucktMyconius findet beiliegend die Antwort Vadians auf Myconius' Brief [vom 7. September
1545]; er soll sie wieder zurücksenden. Bullinger hat seinerseits Myconius' Brief [Nr. 2243
vom 13. September] den Amtskollegen vorgelesen, die alle vor Schwenckfeld warnen. — Die
[Zürcher] antworten wie folgt: Schwenckfeld hat etliche inakzeptable Schriften publiziert und
wurde schon von Vadian widerlegt. Doch hält er an seiner falschen Lehre fest. Deshalb sind
die Zürcher zu einem Gespräch mit ihm nicht bereit. Wenn Schwenckfeld etwas an den [Eidgenossen]
auszusetzen hat, wie das aus seinem Gedicht ["Ein schön new lied von der gotheyt
vnd herrligkeyt unsers herren Jesu Christi"] hervorgeht, soll er dies schriftlich anzeigen.
Sollten die [Zürcher] es dann für nötig und gut halten, würden sie ihm antworten. Weiter
wollen sie sich nicht mit Schwenckfeld befassen. —Bullinger hatte bisher weder etwas über
[Johannes] Bader gehört, noch kennt er dessen Nachfolger [Johannes Liebmann]. — Der
Stadtschreiber [Werner]Beyel ist verstorben. — Für einige Tage hatte Bullinger den von ihm
sehr geschätzten Georg Frölich zu Besuch. Dieser lässt grüßen. —Bullinger erwartet Myconius'
Antwort auf seine Briefe.
Gratiam et vitae innocentiam a domino.
Quid respondeat d. d. loachimus Vadianus tuis 1, intelliges ex his adiunctis,
quae pro tua humanitate boni consules, haud dubie, lectaque remittes.
Quod nos quidem attinet, praelegi tuas 2 nostris symmistis et fratribus. Salutant
te omnes hortanturque, ut tibi caveas a Schvenckfeldio et suis; nam
homo malus est, hypocrita insignis et discipulos habet ferocissimos et ad
maledicendum paratissimos.
Nos unanimiter sic respondemus: Caspar Schwenckfeld hat ettliche
gschrifften uußgan lassen, die wir gar nitt annemmen könnend, und ye mer
er sich erlüteret, ye verworner er ist. Daruber ist er vilfaltig bericht 3 von
herrn d. Vadiano, und ist von dem handel gschrifftlich, so vil notwendig,
gnug c gehandlet. Er aber last sich niemer vermögend d4 und fart für mitt siner
leer. Dorumb könnend und wollend wir uns sin gar nitt wyter beladen, und
gäbend imm keinen anlaß zu keinem gspräch, dann wir des kein frucht
hoffend. So hat er nitt so vil frucht und frid an denen orten, da er noch
gewest ist, geschafft, das wir nodt nach imm habind. Wir habend bißhar den
kylchen Christi unser verwaltung und dienst befolhen, Christum gepredget.
Hatt Schwenckfeld neißwas mangels
5 an uns, das zeige er gschrifftlich an;
zeige, das wir imm Schwytzerland (wie das schwenckfeldisch gedicht
6 lut)
Christum lesterind und schendint. Bedunckt uns dann nodt und gilt,
7 wollend
wir imm antworten; wo das nitt, so lassend wirs anstan 8 bis zu siner
zyt
9 Wyter wollend wir uns Schwenckfelden nitt beladen, und lassend ir
uns fürohin e sin halb unbeckümbert. Hoffende, wir habind diser unser antwort
by allen verständigen glimppff 10 und kein uneer.
De Badero 11 nihil audivi hucusque, nec, quis 12 ei successerit, novi. 13
Nova apud nos non sunt ulla, nisi quod archigrammateus noster Bygelius
14 migravit ad dominum 15.
Fuit hic apud me vir clarissimus Georgius Laetus 16 cum quo aliquot
diebus me oblectavi; est enim amicus meus et frater singularis. Hic iussit, ut
suo nomine te salutarem diligenter.
Plura iam non possum. Tuam responsionem ad has 17 et priores 18 expecto.
Vale. Tiguri, 28. septembris anno 1545, hora 12. meridiana.
Tuus ut semper B.
[Adresse auf der Rückseite:] Praestantissimo viro d. Osvaldo Myconio, fratri
charissimo. Basileae.