[2303]
Bullinger an
Joachim Vadian
[Zürich],
4. Dezember 1545
Autograph: Zürich StA, E II 342, 134 (Siegelspur)Vadian soll das Büchlein [die Augsburger Gottesdienstordnung?]' [zurückschicken] und seine
Meinung dazu [äußern]. [Wolfgang] Musculus beschwert sich zu Unrecht, dass Bullinger es
war, der [Johannes] Haller nach Augsburg geschickt hätte. Zunächst hatte Georg Frölich
Bullinger brieflich gebeten [Nr. 2164], ihm einen treuen und sanftmütigen Mann für die
Augsburger Kirche vorzuschlagen. Daraufhin empfahl Bullinger den nur ungern bei Graf
Georg von Württemberg tätigen Matthias Erb (dies sei allein Vadian anvertraut). Dann wurde
Bullinger vom Augsburger Rat mit einem auf Pergament verfassten, offiziellen Schreiben [Nr.
2204]gebeten, Erb zur Annahme des Rufes nach Augsburg zu bewegen; jedoch vergebens.
Bullinger benachrichtigte den Augsburger Rat [nicht erhalten]über Erbs Absage, was der Rat
ihm verdankte [nicht erhalten]. Im September kam dann Frölich zu Besuch nach Zürich und
bat im Namen des Augsburger Rats um einen gemäßigten Zürcher Prediger. Nach Frölichs
Abreise berieten sich die Zürcher und schrieben Frölich, dass sie dem Wunsch der Augsburger
nicht nachkommen könnten. Doch ehe die Briefe in Augsburg eintrafen, sandte der Augsburger
Rat einen Boten [...] an den Zürcher Rat mit einer erneuten Bitte um einen Predigern Der Rat
Zürichs bat daraufhin Bullinger, einen Kandidaten zu stellen. 3 Der Augsburger Bote wartete
ganze acht Tage in Zürich auf den Bescheid; und so kam es, dass [Johannes] Haller nach
Augsburg entsandt wurde. — Hallers Begleiter [Huldrych Zwingli d.J. und Hans Wilpert Zoller]
erzählten bei ihrer Rückkehr, dass dieser ehrenvoll empfangen wurde. Dies bezeugen auch
die an Bullinger gerichteten Briefe von [Hans] Welser [Nr. 2293], [Georg] Frölich [Nr. 2289.
2294], [Claudius Pius] Peutinger [Nr. 2291] und Nikolaus [Müller gen.] Maier, dem ehemaligen
Kanzler Herzog Ulrichs von Württemberg. Auch andere Brüder [u.a. Ambrosius Blarer]
haben ihre Freude über diese Entsendung ausgedrückt. — Haller wurde auch an Musculus
empfohlen [Schreiben nicht erhalten]. Dieser zeigte sich in seiner Antwort [Nr. 2287]
über diese Entsendung wenig erfreut, wurde aber von den Bürgermeistern [Jakob Herbrot und
Hans Welser]zurechtgewiesen. 5 Bullinger wird Musculus freundlich antworten 6, auch wenn er
sich gewünscht hätte, dass [Prediger] wie Musculus [in ihren Predigten deutlicher] wären.
Einige Glaubenspunkte werden nämlich von der Obrigkeit und vom Volk viel besser verstanden,
als die Prediger sie auslegen. —[Haller] hat am 22. November in der Kirche [St. Moritz]
zum ersten Mal gepredigt. Ob er in Augsburg bleiben wird oder will, ist offen. Darf er die
Wahrheit sagen, bleibt er. Sollte Musculus ihm aber Schwierigkeiten machen, kommt er zurück,
um die dortige Kirche nicht zu stören. Hätte der Buceraner Musculus wirklich die Zustimmung
der Stadt gehabt, hätte diese nicht nach [Haller]gefragt. Letzterer wird sich als gemäßigt
erweisen und auch versuchen, Musculus zu gewinnen. Auch Bullinger wird für Eintracht
sorgen. —Bullinger leidet an schrecklichen Kopfschmerzen. —[Johannes]Herwägen und [Johannes]
Oporin waren zu Besuch in Zürich. Sie erzählten von einem spanischen Bischof
[Pedro de Malvenda], der in großem Prunk durch Basel gezogen ist. Vadian soll Myconius'
Brief [Nr. 2301], den Herwägen und Oporin mitgebracht haben, lesen und wieder zurückschicken.
—[PS..] Vadian möge den für Frölich bestimmten Brief [nicht erhalten] nach Augsburg
weiterleiten. Sollten sich in [St. Gallen] keine Boten für Augsburg finden lassen, soll
Vadian den Brief an [Ambrosius] Blarer in Konstanz senden. Bullinger hat den [Boten Alexius]
Knoblauch wohl zwei Stunden in Zürich aufgehalten.
[Gedruckt: Vadian BW VI 478-480, Nr. 1435.]