Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2398]

Jost von Meggen an
Bullinger
Luzern,
30. März 1546

Autograph: Zürich StA, E II 335, 2084 (Siegelspur) Ungedruckt

Von Meggen bedankt sich für Bullingers ausführlichen Brief [nicht erhalten]. Dieser Brief und die Zeit, die Bullinger der Lektüre seiner kleinen Schrift ["Peregrinatio Hierosolymitana"] gewidmet hat, lassen erkennen, welch gute Gesinnung Bullinger ihm gegenüber hegt. Gemäß Bullingers Rat wird von Meggen die ganze [Schrift] revidieren. Bullinger möge den beigelegten Brief an Bürgermeister [Hans Rudolf Lavater] und an den Zürcher Rat weiterleiten. Darin schreibt von Meggen über die goldene Kette, die man von ihm [zurück]verlangt. Er hofft aber, dass man doch darauf verzichten wird, und dass Bullinger, der ja die Angelegenheit kennt, sich für ihn beim Rat und bei denen, die damit beauftragt wurden (u.a. bei [Leonhard] Holzhalb, den er grüßen lässt), verwenden wird. Kürzlich war Meinrad Schreiber bei ihm. Als Zeichen seiner Anerkennung gab er diesem ein Werk Homers als Geschenk für Bullinger mit. Grüße.

S. D. P. Epistolam tuam 2 summo cum gaudio recepi legique, quae quantum prolixior erat, tantum magis arrisit, quum hinc et maxime ex laboribus, quas 3 meis nugis 4 impendere dignatus es, colligere possim amorem in me non vulgarem, quem dudum, nunc tamen certius comperi. Quare gratiam non immerito summam tibi habeo, hanc aliquando, si oportunitas occurrat, relaturus. Caeterum consilio tuo obtemperaturus, cumque otium erit, omnia recognoscam, tibi forsan denuo summa lima polienda (humanitas enim tua talia mihi promittere videtur).

1 Jost (Jodocus) von Meggen, aus einer Luzerner Patrizierfamilie, geb. 1509 in Baden, gest. 17. März 1559 in Luzern, Sohn von Werner von Meggen und Apollonia von Ballmoos. Schüler von Oswald Myconius und Heinrich Glarean. Um 1524—1527/28 Studium in Basel, 1528/29 in Orléans. Anfang der 1530er Jahre befand er sich wieder in Luzern und heiratete Anna Hut(t)er. 1533 Luzerner Großrat, 1545—1549 Kleinrat, 1537 Vogt in Weggis, 1539—1541 Landvogt in Baden, 1543—45 Vogt zu Beromünster, 1547/48 zu Willisau. 1542/43 Pilgerfahrt ins Heilige Land. Von August bis Oktober 1546 Aufenthalt in Rom als Gesandter der Fünf Orte und des Konstanzer Bischofs Johann von Weeze. 1548—1559 Hauptmann der Schweizergarde in Rom. — Es handelt sich hier um den einzigen erhaltenen Brief in der Korrespondenz zwischen
von Meggen und Bullinger. —Lit.: M-Basel I 357; AK X/1 145—149; Paul M. Krieg, Die Schweizergarde in Rom, Luzern 1960, S. 56f. 62—82.
2 Nicht erhalten.
3 Schon vor dem 16. Jahrhundert wurde "labor" mitunter als Femininum angesehen; s. Stotz IV 142f, Nr. 72.8.
4 Hier bezieht sich von Meggen wohl auf seine Schrift "Peregrinatio Hierosolymitana", die er nach seiner Pilgerfahrt 1542/43 verfasst hatte und die erst 1580 durch seinen Pflegesohn Jost Segesser von Brunegg herausgegeben wurde (VD16 M1910). In einem Brief vom 20. November 1546 übersandte von Meggen Andreas Masius ein Manuskript zur Revision, das "mit Scholien Bullingers versehen" war; s. Briefe von Andreas Masius und seinen Freunden 1538 bis 1573, hg. v. Max Lossen, Leipzig 1886, S. 20f,


Briefe_Vol_16-272arpa

Quam 5 itidem oro, has literas adiacentes 6 consuli 7 senatuique det, quibus respondeo de catena aurea, quam a me petierunt; spero tamen illos ab incepto destituros. 8 Quare, cum res sit tibi nota, fac, ut et hic amicum te tuis intercessionibus sentiam cum apud senatum tum illos huic rei selectos, quorum unus est d. Holtzhalm 9 , quem cum ceteris nominatim salutabis.

His diebus apud me fuit Meinradus Schriber 10 . Huic ad te ferendum Homerum 11 tradidi, quem dono tibi mitto, munus quidem parvum; pignus tamen erit magni amoris. Plura scriberem, ni rudior stilus brevitasque temporis impedirent.

Itaque vale ac cetera, ut nosti agere, intellige. Lucernae, 3. calendas apriles anno 1546.

Tuus intimus amicus

lodocus a Meggen.

[Adresse auf f. 2085v.:] D. Henrico Bullingero, Tigurinae ecclesiae rectori, amico suo. a

a Darunter von Bullingers Hand: Joss von Meggen von Lucern.
Nr. 19. Dieses Manuskript, auf das von Meggen sich auch unten Z. 6—8 bezieht, wurde wohl mit dem oben erwähnten, nicht erhaltenen Brief Bullingers an von Meggen zurückgeschickt.
5 Gemeint ist "humanitatem tuam".
6 Nicht erhalten.
7 Hans Rudolf Lavater.
8 Dieses "guldin ketlin", das aus dem Haushalt der im Februar 1546 hingerichteten Agathe Studler stammte (s. Nr. 2365, Anm. 6), war mit anderen wertvollen Gegenständen seit längerer Zeit bei deren Verwandten Meinrad Schreiber (s. unten Anm. 10) deponiert. Bei ihm hatte Jost von Meggen die Kette gesehen und ihn gebeten, sie behalten zu dürfen, solange niemand danach fragen würde. Mit der Hinrichtung Studlers war nun der Zürcher Rat verpflichtet, die Schulden der Getöteten zu begleichen. Daher bemühte sich der Rat, alles Wertvolle aus ihrem Besitz einzusammeln. In einem Brief an Jost von Meggen vom 15. März hatte der Rat Anspruch auf die hier erwähnte Kette erhoben (Entwurf dieses Briefes in Zürich StA, B IV 16, 27r.). Auch an dessen Verwandten Nikolaus von Meggen (gest. 1565), damals Pannerherr und Schultheiß, muss der Rat geschrieben und nach "cleinotten" (Wertgegenständen) gefragt haben, zumal der erwähnte Nikolaus in einem Brief vom
22. März 1546 erklärte, dass diese Schmuckstücke ihm als Belohnung für die Dienste, die er Agathe Studler immer wieder erwiesen hatte, zuteil geworden waren (Abschrift aaO, A 249/1 sub dato). Der Rat schrieb am 6. März auch an Schreiber (Entwurf aaO, B IV 16, 262r.—v.) und bat ihn, das "silbergschir mit sampt allen zugehören" zurückzuerstatten. Allerdings waren diese Gegenstände am 27. September 1546 noch immer nicht in Zürich, wie aus einem weiteren Brief des Rates an Schreiber hervorgeht (Entwurf aaO, B IV 16, 285v.).
9 Leonhard Holzhalb (auch Holzhalm), 1546 Mitglied im Zürcher Natalrat (Schnyder, Ratslisten 308) und Landvogt im Thurgau.
10 Meinrad Schreiber von Arth (Kt. Schwyz), 1546 Mitglied des Rates von Schwyz, erscheint schon 1543 als Beistand von Agathe Studler; s. [Carl Keller-Escher,] Die Familie Grebel. Blätter aus ihrer Geschichte, gesammelt zur Erinnerung an die am 27. Oktober 1386 erfolgte Einbürgerung in Zürich. Für Freunde als Manuskript gedruckt, Frauenfeld [1884], S. 32. Er wird mit ihr verwandt gewesen sein, da sie als seine "baß" bezeichnet wird; s. Zürich StA, B IV 16, 262r.—v.
11 Welches Werk Homers bzw. welche Ausgabe hier gemeint ist, muss offen bleiben.