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Johannes Winzürn an
Bullinger und
Leo Jud
Tegerfelden ,
[kurz nach dem 23. April]3 1533
Autograph: Zürich StA, E II 340, 58. Siegelspur. -UngedrucktBerichtet über eine Auseinandersetzung mit dem Badener Vogt [Heinrich Schönbrunner], der Winzürn
vorwirft, mit seiner Predigt und Amtsführung den Landfrieden zu verletzen. Winzürn ist bereit, sich
dem Gericht zu stellen und bittet Bullinger um Rat.
man ihn nach Niederweningen (Kt. Zürich)
versetzte (s. AZürcherRef 1956). 1540
wurde Winzürn Pfarrer im schaffhausischen
Neunkirch. Wegen begangenen Ehebruchs
mußte er 1553 jene Stelle aufgeben (s. Simprecht
Vogt an Bullinger, 30. August und
16. Oktober 1553; Zürich StA, E II 343, 453
bzw. E II 337, 564). Am 13. Januar 1554 setzten
sich die St. Galler Pfarrer in einem Brief
an Bullinger für Winzürn ein, den sie aus
dessen Balgacher Zeit kannten (s. Kessler,
Gratiam et pacem a domino etc.
Lieber Meister Heinrich und Meister Leo. Ich thun üch zu wyssen, das der landvogt
von Badenn 4 uff zinstag vor sant Jörgen tag nechst verschinen 5 zu miner herber[!]
zu Tegerfeldenn ist geritten und mit mir gantz unbeschedenlich 6 gerett, welches
ich üch nit kan verhallten, und zeig üch nit sömlichs an von wegen miner person,
sunder von wegen göttlicher er, die damit gröblich gelesteret wirt, ouch unser
gloub also gschmechtt. Ist min byt an üch, das yr sömlichen handel vätterlichen betrachten
und, so fer es üch gut bedücht, sömlichs eim burgermeister 7 und den ratten
anzezeigen. Nit das ich begere, das mine gnädigen herren von Zürich etwaß unradß
8 oder unru anfahendt von minet wegen, sunder das do betrachtet werde, wie
die er gottes ouch gefyrderet und weder uns noch unserem glouben getröwet, und
ungevecht 9 und ungehasset 10 , diewil doch das der landfriden vermag etc.
Und ist das der handel: Anfengklich hatt der landvogt mich angerett, öb ich noch
wysse, was er mit mir habe gerett, do der tag zu Baden 11 gewessen? Antwurt: Ja, ich
wysse es wol. Landvogt: Warumb ich das aber nit gehalten habe? Antwurt: Ich habe
es gehallten (domit yr, mine lieben fetter, aber vernemend, was der landvogt mit mir
gerett habe, und er nit selbß muntlich, sunder meister Hab 12 von Zürch und fenderich
Störler 13 von Bernn in sinem namen hand also gerett: Die acht ort haben mich
wider erkent gen Tegerfelden, und sölle lugen, das ich predige unnachteilig dem
landsfriden; antwurt: Ich welle mich des flissen, so fer ich ienen 14 möge; dis ist die
war ein vehementer Gegner der Reformation.
- Lit.: EA IV/1b 1601. IV/1c, Reg.;
HBRG I 185. II 350. III 105; Vadian BW IV
218; Bonifaz
Staub, Hauptmann Heinrich
Schönbrunner von Zug und sein Tagebuch
(1500-1537), in: Gfr XVIII 205-225; HBLS
VI 231.
sum) und habe den landsfriden nit gebrochen, sunder minen glouben prediget minen
schefflinen, und yres gloubens in kein wyß weder gescholten ouch nie gedacht
15 , und hab mich sömlichß bezüget uff ein gantze gmeind, die hab mich gehört.
Landvogt zu mir: «Du rümst das din hoch und lügst damit» etc. Uff sömlichs hab
ich gefragt, womit ich den landsfriden brochen habe. Landvogt: «Mit dem hast du
den friden gebrochen, das du uff den ostertag ein fresseten hast do uffgericht und
die selbigen hoch gerümpt. Und mit dem, das du din fresseten so hoch gerümpt
hast, domit hast unseren glouben geschmecht.» Darnach rett er: «Wir hand den waren
ungezwiffletten allten christenlichen glouben. Darumb hat man uns brieff und
sigel geben.»
16 Domit fragt er mich, öb es nit also were. Domit marck
17 ich den
griff
18 , antwurt: Wie der landsfriden were, also ließ ich yren glouben sin. Ich hette
ouch kein fresseten angericht, sunder das nachtmal der dancksagung begangen mit
minen brüderen. Diewil der landsfriden lutete, das yeweder parthy die anderen ungeföcht
lassen sölle, begere ich sömlichs. Des hab ich mich ouch bysher geflissen.
Ich hab ouch im anzeigt, das der decan von Zurtzach
19 mir uss miner befolnen kilchen
mit sin selbs gwalt uff den ostermöntag 20 den tisch
21 (der in nit hab geirt
22 ) heruss
getragen (domit er etwa selbß 12 wytte möchte haben 23 ); hab ouch ettlich der
rätten zu im gesant, lassen fragen, diewil ich den tisch me uff den selbigen tag welle
bruchen (ouch gebrucht), warumb oder us was ursach er den herusß getragen habe.
Antwurt: Er welle in do nit wyssen, dan sin gloub wysse nit, das er nebett ein sömlichen
mess habe etc. Uff sömlichs hatt mir der landvogt kein antwurt geben, aber
nach fyl hoher
24 reden mir also getröwet: (landvogt:) Syge sach
25 , das im me
fyrkome
26 , das ich den landsfriden mit sömlichem oder mit anderem breche (iudicent
fratres), er welle mich selbs bim kopff nemen. Damit welle er mich warnen,
welle mich selbs reichen
27 und an ein landsgricht stellen und do lassen das recht über
mich gon. Hatt mich hiemit gefragt, öb ich das verstanden. Antwurt: «Ja, ich begere
ouch nüt anders den das recht.» Und hab noch me wellen reden, da tobet er wie ein
schwin, und alle min red verschlug er mir im mund. Doby sind die zwen gesin, Caspar
Schriber
28 von Baden und Steffen Keiser 29 von Zurtzach (und wo es nott ist, lieben
heren, so wil ich selbs persönlich der klag bestendig sin, wo man desse begert).
Hiemit bitten ich, das ir die sach betrachten, mir darin ratten. Schribent, wie der
sach zü thun syge, umb gottes er willen. Die gnad gottes sy mit üch. Amen.
der deutsch- und französischsprachigen
Schweiz, Bern 1977, S. 626.
Datum ut supra 30 , anno 33.
Johans Winzürn,
ein diener des wortß zu Tegerfelden,
üwer willig[er].
[Adresse auf der Rückseite:]Minen lieben herrenn und vätterenn, Meister Heinrich
Bulliger und Meister Leo Jud, dinem des wortß zu Zürch.