[3165]

Gilbert Cousin (Cognatus)
an Bullinger
Nozeroy,
Samstag, 17. März 1548

Autograph: Zürich StA, E II 345, 378f (Siegelspur) a Ungedruckt [Beilagen 1 :] HBBW XX, Nr. 2974; Zürich ZB, Ms F 38, 189r.-192v. Ungedruckt

[1]Cousin hat Bullingers wie gewohnt liebevollen und fürsorglichen Brief vom 2. November 1547 am 14. Januar 1548 erhalten. -[2]Damit Bullinger sich nicht unnötig sorgt, schickt Cousin seine Briefe vom August 1547 Lan Bullinger (HBBW XX, Nr. 2974), Rudolf Gwalther (Zürich ZB, Ms F 38, 189r.-192v.) und andere], die nicht angekommen sind, erneut als Kopie. Dieses Briefbündel übermittelt [sein Bruder Antoine Cousin]. Die Schreiben sind völlig unverfänglich! Bullinger möge die beiliegenden Abschriften den Empfängern aushändigen. Da diese Cousins Handschrift sehr gut kennen, verzichtet er auf die Legitimierung durch sein Siegel. -[3] Was wird denn das neue Jahr mit sich bringen? Man glaubt landläufig, anhand des Wetters vom 25. Januar den Verlauf des ganzen Jahres voraussagen zu können: Bei starkem Wind erwartet man Krieg, bei Nebel eine Seuche, bei Regen oder Schnee eine Teuerung. Aber in diesem Jahr gab es am 25. Januar rund um Nozeroy sowohl Wind als auch Regen, Schnee und Hagel! Möge doch Gott dieses [schlechte] Vorzeichen nicht zutreffen lassen! Schon jetzt sind viele krank und einige sterben. Zudem gibt es überall große Truppenaushebungen [...] und der Mangel an Nahrungsmitteln spitzt sich von Tag zu Tag zu, obwohl man sich bereits daran gewöhnt hat. Möge es Gott zu einem guten Ende bringen! Viele sagen voraus, dass das gegenwärtige Jahr bei weitem das schlimmste werde und das Ende der Welt bevorstehe. [Wenn dies zutrifft,]gewährt Gott der Seele Cousins hoffentlich,

a Mit Schnittspuren.
1 Bei den Beilagen handelt es sich um Kopien der von Cousin am 1. August 1547 verfassten Briefe an Bullinger und Rudolf Gwalther: Diese beiden, sowie eine unbekannte Anzahl weiterer Briefe an andere Zürcher (vgl. unten Z. 7 mit Anm. W, die Johannes Gast von Basel nach Zürich weitergeleitet hatte, waren dort, wie aus Gasts Brief an Bullinger vom 28. Oktober 1547 hervorgeht (s. HBBW XX, Nr. 3060,3-4), nie angekommen. Bullinger hatte Cousin vermutlich in seinem nicht erhaltenen, am 2. November 1547 verfassten Schreiben über den Briefverlust aufgeklärt (s. unten Z. 1f mit Anm. 3). Hierdurch sah sich dieser dazu veranlasst, Abschriften der verschollenen Briefe wohl anhand eigener Aufzeichnungen durch seinen Sekretär anfertigen
zu lassen und diese, ohne eigene Unterschrift, jedoch mit eigenhändig eingetragener Datierung und dem Hinweis "Scripsit amanuensis, sed nosti eius manum, qui subscribit" im Brief an Rudolf Gwalther (Zürich ZB, Ms F 38, 189r.-192v., 192v.) und "Agnosce manum subscribentis, queso" im Brief an Bullinger (HBBW XX, Nr. 2974,45), dem vorliegenden Schreiben beizulegen. - Die in HBBW XX, Nr. 3060, Anm. 5 und 11 geäußerte Vermutung, Cousins Briefe seien verschollen, und die in HBBW XX, Nr. 2974, Anm. 22, dargelegte Annahme, die Unterschrift sei wegen der möglicherweise riskanten Inhalte nicht angefügt worden, sind gemäß oben genannter Ausführungen zu korrigieren.


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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das Himmelreich zu erblicken! -[4]So viel für jetzt! Mehr kann Cousin nicht schreiben, da sich die Abreise des Boten [Antoine Cousin]nicht länger aufschieben lässt. -[5]Grüße. Bullinger soll Cousin weiterhin wohlgesonnen bleiben. Grüße an Rudolf Gwalther und Konrad Gessner sowie an alle, denen Cousin auch sonst alles Gute wünscht.

S.P. Post idus ianuarias 2 , Bullingere candidorum amicorum candidissime, tuas quarto nonas novembris 3 scriptas accepi, in quibus, quod soles, verissimum tui in me amoris documentum prebes, de meis rebus solliciti timons plenus.

Verum, ne quid frustra metuas, quoniam homo certissimus 4 obtigit, qui litteras penferret, visum est epistolarum dudum missarum exemplaria 5 denuo mittere. In quibus non scnipsi quicquam, quod cuiquam conciliare periculum possit. Rogo, ut ea, que ad te mitto inobsignata 6 cures illis reddenda, ad quos scripta sunt. 7 Nihil refert, si absit sigillum, quum manus mea, qua subscripsi, sit illis omnibus notissima.

Qualis autem hic annus sit futurus, nescio. Vulgus ex die conversionis Pauli 8 solet totius anni statum aniolani, qui, si ventis turbulentus sit, expectant bellum, si nebulosus, pestilentiam, si pluvius aut nivosus, annonae caritatem. Is dies hoc anno et nebulas et ventos et pluvium et nivem et grandinem habuit in hac regione 9 ! Utinam dominus veut hoc augurium esse vanum. Jam certe nunc egrotant multi, moriuntur nonnulli. Fit magnus undique delectus [ ]b militum. Rerum caritas ingravescit in dies, quanquam huic iam assuevimus. Dominus omnia vertat in laetum exitum. Multi vaticinantur hunc annum fore multo omnium gravissimum et in proximo esse 10 supremum mundi diem. Utinam hoc nobis largiantur supeni , ut ego tam amicae mentis domicilium queam intueri. 11

b Im Text findet sich ein Einfügezeichen, das wohl für eine am Rande nachgetragene, aufgrund von Papierverlust nicht erhaltene Ergänzung steht. -Bereits zu Zeiten von Johann Jakob Simlers (1716-1788) Abschrift (Zürich ZB, Ms S 66, 108) scheint die Einfügung verloren gewesen zu sein.
2 Post idus ianuarias: Am 14. Januar [1548].
3 quarto nonas novembris: am 2. November [1547]. -Bullinger muss in seinem nicht erhaltenen Brief die Befürchtung geäußert haben, dass Cousin als Briefschreiber, aber auch die Empfänger in Gefahr geraten könnten, wenn die verschollenen Briefe in die falschen Hände gelangten; s. oben Z. 4-7.
4 Antoine Cousin. - Er übermittelte weiterhin den ebenfalls am 17. März 1548 verfassten Brief seines Bruders Gilbert Cousins an Bonifacius Amerbach (AK VII 36-38, Nr. 3035) nach Basel; s. Nr. 3169,1f mit Anm. 1.
5 Zu den beiliegenden Briefabschriften s. oben Anm. 1.
6 unversiegelt; vgl. Kirsch 1930f s.v. obsigno. - Cousin konnte die Briefe unverschlossen über-
mitteln, da er dem Briefüberbringer, seinem Bruder, vertraute. Zudem konnte Bullinger sieh auf diese Weise selbst von den unverfänglichen Briefinhalten überzeugen; vgl. oben Anm. 3.
7 Zu Cousins weiteren Zürcher Bekannten s. HBBW XX, Nr. 2974,32-40.
8 die conversionis Pauli: 25. Januar. -Bei Pauli Bekehrung handelt es sieh um einen Lostag, der für Jahresvorhersagen als bedeutend angesehen wurde; s. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 5, Berlin/Leipzig 1932/33, S. 1413. 1417.
9 in hac regione: in der Gegend von Nozeroy.
10 Gemeint: Gott.
11 Vgl. Joh 14, 2; Ps 15 (Vulg. 16).


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Hec hactenus. Neque enim patitur tabellarii 12 discessus, ut tecum diutius colloquar.

Vale feliciter et tuum Cognatum, ut facis, perge diligere. Saluta Gvaltherum et Guesnerum et omnes alios, quibus soleo fausta omnia precari. Datum Nozerethi, 16. calendas apriles, anno christiano 1548. Ex animo tuus, ut nosti, Gilbertus Cognatus Nozerenus.

[Adresse auf f. 379v. c :] Consummatissimo theologiae professori d. Heinrycho Bullingero, domino suo incomparabili. Tiguri. 13

c Die Folioseiten 378v. und 379r. sind leer.
12 Antoine Cousin; s. oben Anm. 4.
13 Zum Überbringer des vorliegenden Briefes
s. oben Anm. 4.