Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1291]

Die Pfarrer des Wetzikoner Kapitels an
Bullinger,
Leo Jud und
Kaspar Megander
Bubikon,
29. Juli 1539

Original von der Hand Johannes Stumpfs: Zürich ZB, Ms A 70, 355, Nr. 36 (Siegelspur) Ungedruckt

Die Kirchgemeinde Dürnten wird seit Jahr und Tag nur mangelhaft betreut, weil ihr Pfarrer, Ulrich [Zingg], krank ist, und weil sie daher notdürftig von Diakonen [und Pfarrern] aus den umliegenden Gemeinden versehen werden muß. Da nun Pfarrer [Zingg] wie sie vernommen haben - von seinen Amtspflichten befreit worden ist und mit seiner Familie anderweitig versorgt wird, bitten sie, beim Rat auf die Besetzung des Amtes mit einem ständigen Pfarrer zu drängen.

a in der Vorlage paciatur.
b Der letzte Buchstabe gestrichen und korrigiert. hanc über der Zeile nachgetragen.
d Darunter Vermerk von der Hand Johann Jakob Breitingers(?): Erklagt sich syner armut.
4 im Sinne von: dies geschah in gegenseitigem Wechsel.
1 Das vorliegende Schreiben wurde am 12. August nach Zürich abgeschickt; vgl. unten Nr. 1295, 12-14, mit Anm. 10.


Briefe_Vol_09-183arpa

Gnad und frid von gott, dem vatter, durch Christum, synen gesalbten etc.

Fromme, getrüwen, lieben hern und vätter, nachdem durch schwere kranckheyt bruder Ulrichen 2 , pfarers zu Dürnten, dießelbige pfar und kilch zu Dürnten nunhar by iar und tagen (so lang des gedachten bruders siechtagen 3 im bett, artznen zu Zürich und badenfart gewert hat) hin und wider stuckwerchs wyße, jetz durch den diaconum zu Wald 4 , denn 5 durch den von Gosßow 6 , ettwan 7 durch den von Bubicken 8 und ouch den von Rütti 9 eben onordelich versehen 10 worden, da dan die gmeynd unßers bedunckens nit wenig zu unwillen und die kilch (so vorhin durch die widertöuffer bescheytzt 11 ) merer zerrüttung und unordnung gefürdert ist.

Diewyl wir dan warlich bericht 12 werdend, das unßer g[nedig] h[erren], ein wyßer rhadt, obgenannten hern Ulrichen die pfar Durnten, noch andere ampter, gestalt nach synes onvermögens 13 , dißer zyt zuversehen zu blodt 14 syn erkennt 15 und deßhalb in mit synen kinden sonst nach nodturfft vätterlich zuversorgen vor handen 16 und bevolhen a habend, und sich aber die vollendung 17 solchs bevelchs zu längerem verzug neygen mochte, dardurch der kilchen nit geholffen werden und das folck durch zuvil lange beroubung eynes stätten 18 hirtens in merer verdruß und liederlicheit gefürdert werden mochte, herum 19 ist an uch, unßere lieben herrn und vätter, unßer dienstlich 20 bidt und früntlich begären, nach gestalt der sachen by unßern g. h.

a vor bevolhen gestrichenes ge.
2 Ulrich Zingg, gest. 1549, war bis zur Reformation Konventual im Kloster Rüti (Kt. Zürich). Seit spätestens 1524 amtete er als Pfarrer in Dürnten. 1528 nahm er an der Berner Disputation teil. Im Jahre 1541 geriet er - nun Pfarrer in Rüti - in schwere Auseinandersetzungen mit dem Klosteramtmann Hans Habersaat, wobei er von der Frühjahrssynode ein gutes Zeugnis ausgestellt erhielt. 1542 wurde er Helfer zu St. Jakob (Zürich), erhielt 1545 das Bürgerrecht und war schließlich ab 1547 als Diakon (Leutpriesterpfrund) am Großmünster tätig. —Lit.: Zürich StA, E II 1, 268; Pfarrer des Wetzikoner Kapitels an Bullinger u. a. Pfarrer, 15. März 1541 (ebd. 273-276); Pfarrerbuch 657; AZürcherRef, Reg.; HBLS VII 666.
3 Krankheit.
4 Dietrich Thöny, seit 1533 Diakon in Wald (Kt. Zürich); vgl. Pfarrerbuch 98 und 565.
5 bald ... bald.
6 Joachim Rugglisberger, seit 1536 Diakon
in Goßau (Kt. Zürich); vgl. Pfarrerbuch 35 und 491.
7 manchmal.
8 Johannes Stumpf.
9 Michael Farner, seit 1536 Pfarrer in Rüti; vgl. HBBW IV, S. 396, Anm. 1, sowie Lorenz Meyer an Stumpf, 1. Juni 1536 (Zürich ZB, Ms S 313, 8r.); Pfarrerbuch 268 irrt.
10 nur unzureichend betreut.
11 besudelt. — 1526 war gegen Ulrich Zingg wegen Äußerungen gegen die Kindertaufe ermittelt worden (s. QGTS I 183-188). 1533 widerrief die Täuferin Adelheid Hotz von Dürnten (s. ebd., S. 329, Nr. 304u).
12 zuverlässig informiert.
13 wegen seiner Kränklichkeit.
14 schwach.
15 beurteilt.
16 vorgenommen
17 Ausführung.
18 ständigen.
19 deshalb.
20 dienstbeflissen, ergeben.


Briefe_Vol_09-184arpa

anzehalten 21 und flyß zuthon, darmit die obberürte kilch (die denn eynes tapffern, wolgelerten manns wol wert, ouch mit zimlich guttem inkommen der besoldung begabt 22 ist) one lengern verzug mit eynem stätten hirten versehen werdi. Das achten 23 wir gantz von nodten und nützlich syn, wollend ouch solchs umb üch sampt und jedem besonder 24 unßers vermögens früntlich zuverdienen 25 geflisßen syn. Hiemit habend uns gemeynlich und sonderlich als uwern willigen brüedern all zyt zugepietten, und sind dem hem sampt uwer bevolhnen kuchen in trüwen bevolhen.

Datum Bubicken uß gmeynem colloquio, 29. iulii anno etc. 1539, under unßers mitbruders von Bubicken 26 gewonlichem bittschett 27 und merckzeichen 28 beschlosßen.

U[wer] a[ller] w[illige] b[rüeder],

die diener der kilchen in ampt

Grüeningen sampt und sonders.

[Adresse auf der Rückseite:] Den frommen, wolgelerten unnd getrüwen M. Heinrichen Bullingern, M. Leoni Iude und Casparn Megandern etc., dienern der kilchen Zürich, unßern lieben herrn unnd vättern gemeynlich und jedem besonder zu handen.