[2260]
Bullinger an
Ambrosius Blarer
Zürich,
4. Oktober 1545
Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana),
Ms 35 (VBS VI), 63 (Siegelabdruck)
Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 393, Nr. 1223Der gelehrte und unbescholtene Zürcher Pfarrer Konrad Klauser ist auf dem Weg nach Isny,
wo er als Pfarrer wirken wird, wenn man Gefallen an ihm findet. Als Herold der schwäbischen
Kirche soll Blarer ihn beraten und weiterempfehlen. —Am 11. Oktober findet eine Tagsatzung
in Baden statt, wo über das üble Verhalten des Statthalters von Mailand [Alfonso d'Avalos]
gegenüber eidgenössischen Bürgern, die von ihm eine Zeitlang gefangen gehalten wurden,
diskutiert werden soll. Auch müssen die evangelischen Orte sich überlegen, wie sie auf eine
Einladung, dem Schmalkaldischen Bund beizutreten, reagieren sollten. —Herzog Charles [II.]
von Orléans soll an einer Vergiftung gestorben sein. [Franz I.] erduldet wohl ein ähnliches
Schicksal wie [König]Jerobeam, welcher seinen Sohn Nadab verlor.
Gratiam et vitae innocentiam a domino. Tandem datus est Isnacensi ecclesiae
minister, hic d. Conradus Clauserus Tigurinus, 1 qui iam mittitur, ut
audiatur, si forte placere possit. Vir est Graecae et Latinae lingue doctus, 2
lectionis multae, scripturarum satis peritus, vitae integrae, et a puero in
bonis et piis studiis ab optimis praeceptoribus institutus. Praecipuam suam
spem ponit post Christum in tuam dilectionem et fidem. Proinde commendo
tibi hominem, ut ipsum instituas, quomodo versari possit magno cum fructu
in illa ecclesia 3 Nosti tu quidem id, si quis alius, velut primus evangelii per
Sueviam preco 4 Humanus alioqui et fidelis est, constans et multi laboris,
neque ingratus erit tuis laboribus. Si videbitur utile, commenda tu illum
quoque amicis tuis per literas. 5
kurzem Pfarrer in Dietikon (wohin er wegen
eines Ehebruchs versetzt wurde; s.
HBBW VII 70, Anm. 2). Mit Ausnahme
Kopfs und Klausers, die 1574 bzw. 1567
starben, waren die anderen Kandidaten
wohl älter, da sie alle zwischen 1548 und
1551 verstarben. Der Rat entschied sich
für Klauser. Über diesen bemerkte Bullinger
(aaO): "in den Sprachen gelert, wol
geübt mit predgen, eins frommen gmüth,
styff in der leer und gottsforchtig; doch
manglet uns an imm, das er ettwas unpärtiger
[ungehobelt] ist". Am 14. Oktober
1545 schickte Isny Klauser mit einem
Brief wieder zurück mit der Begründung,
dass man sich über den Lohn nicht einigen
konnte; s. Zürich StA, A 202/3, Nr. 3. —
Comitia celebrabuntur a Helvetiis Badenae 11. octobris. 6 Der marggis de
la Quasta 7 , stathalter in Meyland, schlecht 8 unseren vogthyen änet dem berg 9
allen feylen kouff 10 ab by häncken. Brucht ettliche unnachpurliche stuck 11
wider die unseren und ire vogt. Ettliche der unsern hat er uff unserm grund
gefangen, doch by langem 12 wider lassen uußkummen, etc. 13 So werdent
sich ouch die evangelischen stett besonders 14 underreden, so man den
Schmalkaldischen pundt trängen wolt, wie sy sich md 15 sach schicken, etc. 16
Aiunt ducem Aurelianensem 17 , quem Helvetii e sacro fonte levarunt, non
sine veneni suspitione in Gallus esse extinctum, unde merito novae turbae
dagegen vergangen, wirklich gehängt
worden ist"(EA
Wild 542).
timentur a multis. Ego vero sentio Ieroboamum
18 fata Nadabi sui sic videre
et brevi consequi oportere. Dominus Iesus servet nos!
Tiguri, 4. octobris 1545.
Bullingerus.
[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro d. Ambrosio Blaurero, fratri
suo incomparabili. Costantz a , 19