Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2727]

Meinrad und Ulrich Schodoler an
Bullinger
[Bremgarten],
27. Dezember 1546

Original a : Zürich StA, E II 355, 145 (Siegelspur) Ungedruckt

[1] Da Bullinger sich für ihren Verwandten [...] einsetzt (was ein Beweiß für seine freundschaftliche Einstellung ihnen gegenüber ist), bitten Meinrad und Ulrich erneut, dass Bullinger

a Der Verfasser des Briefes ist Ulrich Schodoler (vgl. unten Z. 9), doch die Hand ist zweifelsohne diejenige seines Verwandten Meinrad (zu Meinrads Hand s. dessen "Formelbücher", Bremgarten Stadtkanzlei, Abt. II, Nr. 8 und 9).
48 Otto Werdmüller.
49 Schulherr Johann Jakob Ammann.
50 Michael Keller.
51 Sebastian Schertlin.
52 zum guten jar: als Neujahrsgeschenk; s. SI III 58-60 s.v. Guetjar.
54 Der Augsburger Hauptmann Christoph Negelin, der ab Sommer 1546 eines der sechs Fähnlein Schertlins befehligte. Etwa Ende Dezember 1546 oder Anfang Januar 1547 wurden die sechs Fähnlein in vier zusammengelegt, wobei Negelin weiterhin als Hauptmann fungierte; s. Roth, Augsburg III 420, Anm. 39. Negelin ist auch von 1548 bis 1563 als Hauptmann in augsburgischen Diensten bezeugt. Er starb am 2. Oktober 1563; s. Die Chroniken der schwäbischen Städte: Augsburg, Bd. 8, Göttingen 1966 — Die
Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 33, S. 34. 420; Jürgen Kraus, Das Militärwesen der Reichsstadt Augsburg 1548-1806. Vergleichende Untersuchungen über städtische Militäreinrichtungen in Deutschland vom 16.—18. Jahrhundert, Augsburg 1980 —Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 26, S. 172-174; 406. — Die in Bähler, Haller 33 (mit Anm. 126) vollzogene Identifikation dieses Hauptmannes mit Burkart Nägeli, dem Sohn des bernischen Schultheißen Hans Franz Nägeh (wahrscheinlich nur deshalb, weil Burkart später des Öfteren als Hauptmann nachgewiesen ist; s. LL XIV 9) ist also unzutreffend.
1 Die Briefabsender sind untereinander


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sich weiterhin wohlwollend erweise, dass er den Verwandten streng behandele, als wäre es der Seine, und dass er den etwaigen [Lehrmeister]bitten möchte, ebenfalls streng mit dem Knaben umzugehen. [2]Bullinger soll auch dem künftigen [Lehrmeister]mitteilen, dass Ulrich sich baldmöglichst nach Zürich begeben wird, um mit ihm die Termine der Lohnauszahlungen zu vereinbaren. [3]Die Bemühungen Bullingers werden belohnt. Dieser soll sich wie zuvor als ein guter Schodoler erweisen, so werden sich auch Meinrad und Ulrich ihm und den Seinen gegenüber wie gute Bullinger verhalten. [4] Dieser sei Gott befohlen, und seine Familie sei gern gegrüßt!

Ersamer, wolgelerter, besonders günstiger, lieber her und gethruwer veter, üch sygent unser gantz gutwillige dienst und alles gutz zuvor. Wie dann 2 ir üch von unsers verwandten 3 wegen bemüyt, daruß wir ein ware früntschafft erkent 4 (hierumb wir üch zu dem früntlichesten bedangken) b , abermaln flyssig pitende, 5 gegen uns und den unsern inn früntlichen 6 wollen c zu verharren und jetz unsern vetern 7 in straff 8 ze halten, alls ob er üwer were, und den 9 ,

b Klammern ergänzt.
c Die Lesung wellen wäre auch möglich.
Cousins zweiten Grades. — Meinrad (geb. frühestens 1505; gest. 22. Februar 1570), Sohn des am 15. Oktober 1541 verstorbenen Schultheißen von Bremgarten, Werner (Werni) Schodoler (s. HBBW II 81, Anm. 4), war spätestens seit 1543 Stadtschreiber seines Städtchens. Zwischen 1529 und Juli 1533 (wie aus Meinrads "Formelbuch" in Bremgarten Stadtkanzlei, Abt. II, Nr. 9, abgeleitet werden kann) war er eine Zeit lang Stadtschreiberlehrling, und von 1532 an (ja vielleicht schon seit Ende 1531) Unterstadtschreiber in Zürich. 1556 wurde er Ratsmitglied von Bremgarten; s. Stadtkanzlei Bremgarten, Abt. II, Nr. 25 (das sogenannte "Fischbuch"), f. 117v.; Jakob Stammler, Der Chronist Werner Schodoler, in: AHVB XIII, 1893, 606-613. 617— 619; Walther Benz, Bremgarter Chronik. Geschichte der Stadt Bremgarten vom Mittelalter bis ins 18. Jh., Bremgarten 1998 — Unsere Heimat 66, 5. 181f. — Ulrich (gest. 1554 in Frankreich), Sohn des um 1519 verstorbenen Rudolf (Letzterer ein Cousin von Werner) kommt 1533 als Bürger von Bremgarten, 1549 als "Fürsprecher" (d.h. Anwalt, Beistand vor Gericht) vor; s. Bremgarten Stadtkanzlei, Abt. II, Nr. 25, f. 110v.; Stammler, aaO, S. 607. 621. — Zu den Beziehungen der beiden zur Familie Bullinger s. unten Anm. 19.
2 Wie dann: Zumal.
3 Siehe unten Anm. 7.
4 erkannt (haben).
5 abermaln flyssig pitende: (sind wir) erneut ernsthaft bittend, d.h.: bitten wir erneut sehr.
6 inn früntlichen: freundlich; s. SI I 288.
7 Wie schon aus oben Z. 2f hervorgeht, ist hier nicht ein Sohn Ulrichs, des Briefschreibers, gemeint. Angesichts der Beobachtung, dass damals ein Kind eher von einem Freund der Familie, einem Paten oder Verwandten empfohlen wurde (s. z.B. HBBW XVI, Nr. 2414; 2430; und oben Nr. 2644), wird es sich hier um einen entfernteren Verwandten Ulrichs und Meinrads handeln, wobei ein Kind Meinrads per se nicht ganz auszuschließen wäre, zumal das "unser" sich auch nur auf den Briefschreiber (Meinrad) beziehen könnte. Von Meinrads erster Ehe (Juni 1537 bis Oktober 1541) sind keine Kinder bezeugt. Doch ist ein "ledig"(d.h. unehelicher) Sohn namens Wilhelm bekannt, der bereits 1537 das Schererhandwerk in Baden zu lernen begonnen hatte; s. Stammler, aaO, S. 618f. Aus unten Z. 6-11 geht aber hervor, dass für den Knaben, wer auch immer er gewesen sein mag, ein Lehrmeister und nicht etwa ein Arbeitgeber zu finden war, da der Gesuchte einen Lohn (wohl für die Ausbildung des Knabens) erhalten sollte. Demzufolge kommt hier kaum der damals wohl schon ausgebildete Wilhelm Schodoler in Fragen.
8 in straff: in guter Zucht, streng.


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zu er kompt, ouch also gegen im ze thun, 10 von unser wegen früntlich ersuchen.

Und 12 zum beldest 11 es mir, Ülrich, geschigkt mag sin, wirt ich mich hinüber 13 verfügen und deß lons halb, wenn 14 ich in 15 darumb vernügen 16 werde, mit im gesprech halten, megend d ir in berichten. 17

Solichs und alles gutz wir üch zu vergellten altzit gantz bereit sin 18 . Und wie vor wellent altzit gegen uns ein guter Schodoler e , so wellent wir hinwiderumb gegen üch und den üwern ein guter Bulliger sin. 19

Damit got wol bevolchen, üwer familie uns zu begrüßen uns ein fröud ist. 20 Datum Joannis Evangeliste anno 1546.

Üwer gantz gutwillige diener f und früntlicheveter

Meinrad und Ulrich Schodoler ze B[remgarten].

[Adresse auf der Rückseite:] Dem ersamen, wolgelerten hern Heinrich Bulligem, unserm besondern, lieben hern und gethrüwen vetern.

d Die Lesung mogend wäre auch möglich.
e Hier (aber kaum so in der Unterschrift) wäre die Lesung Schodeler durchaus möglich.
f — In der Vorlage diene. Gemeint ist der noch zu findende Lehrmeister; s. oben Anm. 7.
10 ouch also gegen im ze thun: sich auch dergleichen (d.h. streng) ihm (dem Knaben) gegenüber zu verhalten.
11 zum beldest: sobald.
12 gelegen.
13 Nach Zürich.
14 wann.
15 den Lehrmeister.
16 zufriedenstellen.
17 Gemeint ist: Und ihr mögt dem Lehrmeister mitteilen, dass ich mich nach Zürich begeben werde, sobald ich kann, um mit ihm über die Höhe und die Zahlungstermine des Lohns zu sprechen.
18 sind.
19 Meinrad und Ulrich waren in mehrerer Hinsicht mit den Bullingers verbunden: 1) Ihre Ururgroßmutter war eine "Greta Bullinger"; s. Stammler, aaO, S. 604. 2) Meinrads Schwester, Magdalena, heiratete Abraham Wüst (Wüest), dessen Großmutter Elisabeth Bullinger (gest. 1519) eine Tante des Briefempfängers war; s. Bernhard Stettler, Bullingers Familiengeschichte. Edition und Kommentar, in: Zwa XLII, 2015, 22; 47,647f. 659-661; Stammler, aaO, S. 619. 3) UIrichs
Schwester (deren Vorname unbekannt ist) heiratete Jakob Wüst (Wüest), den Bruder Abrahams; s. Stammler, aaO, S. 607; Stettler, aaO, S. 47,657-659. Bei der letzten Stelle führt allerdings die von Stettler veröffentlichte Handschrift "Schädler" statt "Schodler" (Schodeler) an. Doch war Rudolf Schodoler (und nicht Schädler) Jakob Wüsts Schwiegervater. 4) Ulrichs Vater, Rudolf Schodoler (gest. um 1519), war nämlich derjenige, der von der Familie Bullinger das am Marktplatz in Bremgarten gelegene Haus "Zum wilden Man" (heute das Gasthaus "Zum Schwert") erwarb, wie aus einem Vergleich der in Stammler, aaO, S. 607, Anm. 3, und in Stettler, aaO, S. 47,657— 659, angeführten bzw. abgedruckten Quellen deutlich hervorgeht. — Im Haus "Zum Wilden Man" war Bullingers Vater Heinrich d.Ä (und vielleicht auch Bullinger selbst) geboren und aufgewachsen; s. Stettler, aaO, 5. 26 und Anm. 5; S. 28,134-136.
20 Gemeint ist: währenddem (Bullinger) Gott gut befohlen (sei), ist es uns eine Freude, eure Familie von uns grüßen zu lassen.