[2801]
Konrad Zwick
an [Bullinger]
Konstanz,
7. Februar 1547
Autograph: Zürich StA, E II 364, 83f (Siegelspur)
Ungedruckt[1]Nachdem Jörg Regelin am Morgen abgereist war, erhielt Zwick die Nachricht, dass Kaiser
Karl V. den XIII Orten geschrieben hat, er wolle Augsburg, Straßburg, Konstanz und Lindau
strafen, und erwarte deshalb von ihnen, dass sie diesen Städten nicht zu Hilfe kommen. Da
dieses Schreiben erst nach der letzten Tagsatzung eingetroffen ist, sollte man versuchen, König
Franz I. dazu zu bringen, die Eidgenossen anzuhalten, sich mit folgender Bitte an den Kaiser
zu wenden: Er solle nichts gegen Konstanz unternehmen, da diese Stadt sich bisher allen
Nachbarn gegenüber friedlich erwiesen hat, dies wohl auch künftig tun wird, er also von ihrer
Seite nichts zu befürchten habe, und die Eidgenossen sich ihm gegenüber dafür erkenntlich
zeigen werden. — [2] Falls man solch ein Schreiben nicht erlangen könnte, sollte man den
Brief des Kaisers geheim halten, und die vier protestantischen Orte sollten einen etwaigen
nachteiligen Beschluss der XIII Orte gegenüber Konstanz weder annehmen noch ablehnen,
sondern diesen für ihre Räte zur Besprechung mitnehmen, gleichzeitig aber die anderen Orte
darauf aufmerksam machen, dass die Angelegenheit besonders gut überdacht werden muss, da
Konstanz eine strategisch wichtige Stadt für die Eidgenossenschaft darstellt und die Vier Orte
ihr gegenüber [freundlich]gesinnt sind. Die anderen Orte wären dadurch nicht verärgert, und
wenn der [kaiserliche] Gegner davon erführe, würde ihn dies davon abhalten, etwas gegen
Konstanz zu unternehmen. —[3]Die Ratsgremien der Vier Orte sollten die Angelegenheit den
jeweiligen Geheimen Räten zur Beratung anvertrauen, damit diese erneut [auf einer Tagsatzung]
besprochen werden kann. Sollte es dann zu keiner gemeinsamen Stellungnahme [der
Eidgenossen] kommen, so bliebe immerhin der Feind [über deren Absichten] im Unklaren.
—[4] Zwick sucht mit allen Mitteln, eine Ergebung Konstanz' hinauszuzögern und den Konstanzer
Rat mit irgendwelchen menschlichen Hoffnungen zu versehen, denn sonst wurde dieser
sich wohl wie die anderen Städte ebenfalls ergeben. Gott erbarme sich!
L[ieber] herr und fruind, nachdem Jerg Regeln hütt morgens hinweg gangen,
2 kumpt mir kuntschafft, das der kaiser 3 den 13 ortten geschriben, wie er
willens sye, Augspurg, Straßburg, Costentz und Lindo zü straffen, mit beger,
das sy sich deren stett nichts beladen wellend, etc. Wo nun solich
schriben uff dem nechsten tag zü Baden 4 nit gwesen und erst sydert 6 kummen
were, geduchte mich 6 , es were güt wo man die practick 7 anrichten
kuindt 8 , das der Frantzoß 9 by den Aidgnosen anhielte, das sy die kay[serlich]
may [estat]bettent 10 , diewyl sy nit anderst wisstent, dann 11 das die von
dieses angeblich vom 13.
Januar datierten Schreibens keine Stelle
den Aussagen Eigens bzw. Zwicks entspricht.
kann wie folgt erklärt werden: 1)
Die entsprechende Stelle wurde in der in
EA IVd/1, 781f, erfolgten Teilveröffentlichung
nicht berücksichtigt; 2) Die
durch Eigen übermittelten Informationen
waren falsch.
Costentz sich bißher gegen allen nachpuren fridlich gehalten und dasselbig
on zwyfel hinfür ouch thün wurdent, und ir may[estat] sich irenthalb nit zü
befaren hette 12 , das dan die k. may. noch zur zit 13 gegen der statt Costentz
still ston und nichts beschwerlichs gegen ir furnemmen wellte; das weltent
sy, etc., verdienen 14 . Am solliche mainung 15 möcht wol erschießen 16 .
Mag aber ouch ain sollichs nit erlangt werden, so were doch güt, das es
haimlich blib und die evangelischen örtter 17 der anderen Aidgnosen
schluss 18 , der wider uns sin wurde, nit bewilligetent noch abschlügent, son-
der annemment hinder sich zü bringen 19 und baß 20 zü berathschlagen, mit
anzaigung, diewyl sy wissent, waß gemainer Aidgnoschafft an diser statt 21
gelegen und wie ire gmainden der statt halb gesinnet, so werde irer herren
notturfft erforderen, den sachen wol nachzügedencken. Solichs kuindtent die
Aidgnosen nit zürnnen, und so es ußkemme, wurde der gegentail 22 gewißlich
dester minder 23 ettwas furnemmen.
In den raten 24 kuindte man 84 die sach also anrichten, das man die beratschlagung
ettlichen als 25 den gehaimen bevelhe uff ain wideranbringen 26
Wurdent dann kaine güte mittel gefunden, so bub doch die sach in gehaim,
und wisstent die find nit, weß man bedacht were.
Ach gott, ich wolt gern weg süchen, wie die sach verzogen 27 werden
möcht, und das mine hernn nit alles menschlichen trosts berübt wurdent,
dann sunst sorg ich, wir werdent thün wie ander. Gott erbarm sich unser
umb Christi lesum willen. Datum 7. februarii 47.
Conrat Zwick.
[Ohne Adresse.]a